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Freitag, 10. November 2017

Nr. 120 Fragen Sie heute doch mal ... Frau Holle!




                         


Frau F. aus B.
November 2017


Sehr geehrte Frau Holle,

als ich gerade aus dem Fenster und das triste Wetter gesehen habe, da musste ich an Sie denken. Seit gestern, dem 09. November, liege ich mit einem gebrochenen Bein im Krankenhaus, da ich auf dem Weg zur Arbeit gestolpert bin. Deutschlands Straßen sind in einem katastrophalen Zustand, von der ganzen Hundescheiße mal ganz abgesehen. Ich jedoch, bin über einen Stolperstein gestolpert. Oder genauer gesagt, über einen kleinen Krater, wo bis vor ein paar Tagen noch ein Stolperstein eingelassen war. Der Schmerz nach dem Sturz war unfassbar groß gewesen und überfiel mich, zu allem Überfluss, auch noch in zwei Etappen. Erst mal ... ist es wirklich nicht schön mit anzusehen, wie das eigene Bein einen gebrochenen Haken schlägt. Und dann, von Haken zu Hakenkreuz, war ich einfach nur fassungslos, dass es heutzutage wieder (oder noch immer?) Menschen gibt, die angesichts des 09. Novembers und in Verbindung mit der Reichspogromnacht vom 09. November 1938,
doch tatsächlich Stolpersteine aus dem Boden der Hauptstadt reißen! Der Sanitäter im Krankenwagen sprach dann sogar von mehr als sieben Stück an der Zahl, die in den letzten Tagen auf diese Weise entwendet worden seien. Ich weinte über den Schmerz in meinem Bein und dann auch darüber, dass der Mensch wohl nicht lernfähig sei, zunehmend verroht und ohne Respekt. Was sind das für Menschen, die Erinnerungen entwenden oder schänden, gegen Menschen hetzen oder die Vergangenheit gar leugnen? Von meinem daraus resultierenden Unfall ganz zu schweigen. Nachdem ich aus der Narkose aufgewacht war und all diese Drähte und Schrauben betrachtete, wie sie kalt und starr aus meinem Bein ragten, da musste ich erneut weinen. Diesmal jedoch auch über die Mauern in vielerlei Köpfen, die nach dem Mauerfall am 09. November 1989, bis heute noch existieren. Und so weinte ich um den 09. November per se, dem deutschen Schicksalstag, im Guten wie im Schlechten – und dem ich nun auch noch ein privates Erlebnis hinzuzufügen hätte. Zu guter Letzt, weinte ich dann einfach so und wegen Allem. Zum Beispiel auch darüber, dass meine Tochter es wichtiger findet, in sozialen Netzwerken gut anzukommen, als gute Noten zu schreiben. Oder auch, dass wir alle, wenn wir das Haus verlassen, zunehmend damit rechnen müssen, möglicherweise einem Anschlag zum Opfer zu fallen. Was sind das für Zeiten, Frau Holle, frage ich Sie? Und: Wie können wir diese Zeiten wohlbehalten durchstehen? 

Apropos ... wäre es Ihnen eventuell möglich, zur Weihnachtsmarkt Saison ein wenig Schnee aus Ihren Daunen zu schütteln? Herzliche Grüße, 
Frau F. aus B.

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Schlafen Sie gut!

Ihre Jana Hora-Goosmann

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